GRÜNENTHAL und die Stiftungslösung
GRÜNENTHAL betont, dass das Unternehmen insgesamt 114 Millionen DM in die Stiftung eingezahlt habe. Und weiter: „Neutrale Sachverständige hatten den Betrag von 84 Millionen DM als maximal wirtschaftlich vertretbar für GRÜNENTHAL attestiert, ohne die Existenz des Unternehmens nachhaltig zu gefährden. Möglich wurde die Zahlung nur durch den persönlichen Beitrag der Familie Wirtz.“
Die Summe vom 100 Mio. DM zuzüglich Zinsen war ursprünglich nicht für eine Stiftungslösung gedacht, sondern sollte – im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs zwischen GRÜNENTHAL und den Eltern der contergangeschädigten Kinder – direkt an die betroffenen Familien fließen.
Es ist bezeichnend, dass das Unternehmen diesen Vergleich mit keiner Silbe erwähnt. Nach dem Motto: „Der Schädiger stellt die Forderungen an den Geschädigten“ war es Bedingung des Unternehmens, dass nur diejenigen Familien Entschädigungsleistungen erhielten, die zuvor eine Verzichtserklärung in Hinblick auf weitere Schadenersatzansprüche unterzeichneten.
Da jedoch nicht alle Eltern unterschrieben haben, gab es auch weiterhin ein Prozessrisiko für GRÜNENTHAL. Denn durch den Umstand, dass das Gericht eine Kausalität zwischen der Contergan-Einnahme und den Nervenschäden sowie Missbildungen als gesichert ansah, hatten potenzielle Kläger im Rahmen eines Zivilprozesses gute Erfolgsaussichten.
Zwischenzeitlich wurde nun von Seiten des Gesetzgebers ein Stiftungsgesetz installiert, das das Unternehmen vor den möglichen Regressansprüchen aller betroffenen Eltern sicherte – auch vor denen, die die oben erwähnte Verzichtserklärung nicht unterschrieben hatten.
„So konnte“ – wie ein Beobachter feststellte – „aus einem am Rande des finanziellen Abgrunds stehenden Pharmahersteller, dessen Verhalten […] vom Landgericht Aachen als nicht schuldlos bezeichnet worden war, ein Stiftungsmäzen werden“ – der, so ist zu ergänzen, vor weiterer Strafverfolgung für alle Zeiten gesetzlich geschützt wurde.