Pressemitteilung
Anstoß zum Dialog
Bundesverband Contergangeschädigter e. V. nimmt Entschuldigung
des Unternehmers Dr. Michael Wirtz zur Kenntnis
Hamburg, 27.11.2021. „Verantwortung, Schuld und Vergebung“ – der Titel des Panels auf dem Hamburger Online-Symposium am vergangenen Samstag scheint seiner Prophezeiung vorausgeeilt zu sein. Michael Wirtz, ehemaliger Geschäftsführer der Grünenthal GmbH in dritter Generation, hat sich gleich zu Beginn darin – für die Teilnehmenden im Stream völlig überraschend – mit einer persönlichen Entschuldigung an die von Contergan Betroffenen gewandt. Zum Symposium „Zeichen setzen“ hatte der Bundesverband Contergangeschädigter anlässlich des 60. Jahrestages der Marktrücknahme des Arzneimittels Contergan am 27. November eingeladen.
„Und das tue ich hiermit in aller Offenheit und hochoffiziell unter Zeugen, dass ich mich für diese Thematiken, die sich bei Ihnen in all diesen Familien abgespielt haben, ausdrücklich entschuldige“, so die Worte von Dr. Michael Wirtz. Der 82-Jährige wendet sich damit an die „im Wesentlichen unbekannte Größe von betroffenen Menschen in Deutschland, aber auch in Europa“ im Namen seiner „ganzen großen Familie, nicht nur meine eigenen Kinder und Ehefrau, sondern viele Vettern und Cousinen und Nichten und Neffen“. „Eine Situation“, die seiner „gesamten Familie am Herzen“ liege. Der neunminütige Einspieler, in dem Wirtz auf dem Online-Symposium „Zeichen setzen“ zu sehen und zu hören ist, ist ein Auszug eines Gesprächs, das Georg Löwenhauser, ehemaliger Vorsitzender des Bundesverbands Contergangeschädigter e. V., mit ihm vor der Veranstaltung führte. Grünenthal selbst hatte sich im Jahr 2012 zum 50. Jahrestag der Marktrücknahme des Arzneimittels Contergan bei den Betroffenen entschuldigt, ein Schuldeingeständnis aber nicht formuliert. „Doch genau das wäre die moralische Verpflichtung, für die offensichtlichen Fehler, die ursächlich im Unternehmen liegen, einzustehen“, so Udo Herterich. Herterich ist seit dem 18. September dieses Jahres Vorsitzender des Bundesverbands und bereits seit 2010 Vorsitzender des Interessenverbands Contergangeschädigter NRW e. V., beide mit Sitz in Köln. „Wir nehmen die Entschuldigung von Michael Wirtz zur Kenntnis“, so Herterich. „Wir verstehen seine Worte als Handreichung, als Aufforderung, in Zukunft in einen konstruktiven Dialog zu treten.“
2400 Betroffene, 2400 Denkweisen
In Deutschland leben 2400 von Contergan Betroffene. „Wie die Entschuldigung von ihnen aufgenommen wird, wird sich noch zeigen“, so Herterich. „2400 Betroffene sind 2400 Denkweisen.“ Unterschiedlich seien die Biografien, die emotionalen Verletzungen, die physischen und psychischen Einschränkungen und sozialen Erfahrungen der Einzelnen. „Jede und jeder von ihnen wird für sich entscheiden, wie er mit der persönlichen Entschuldigung von Michael Wirtz umgeht“, so Herterich. Dabei wird sicherlich auch die Motivation für die Entschuldigung eine Rolle spielen. Steckt der tiefe Wunsch nach persönlicher Versöhnung und Seelenfrieden dahinter? Ist es eine Frage der ethischen und moralischen Anerkennung von Schuld?
Eines lässt sich jedenfalls festhalten: Vergebung setzt stets Gespräche zwischen Verursachenden und Betroffenen voraus, ohne die geht es nicht. Die Entschuldigung von Wirtz könnte den Weg für einen ersten Dialog frei machen.
Hintergrund
Michael Wirtz ist einer von drei Söhnen der Aachener Unternehmerfamilie Wirtz, die neben dem Pharmaunternehmen Grünenthal auch den Kosmetikhersteller Mäurer und Wirtz sowie die Waschmittelfabrik Dalli-Werke gegründet hat. Sein Vater Hermann Wirtz übergab ihm die Geschäftsführung nachdem der Conterganskandal ans Licht kam und gründete zugleich im Rahmen eines Vergleichs die Grünenthal-Stiftung zur finanziellen Unterstützung der Contergangeschädigten. Das Volumen der Stiftung betrug zunächst 100 Mio. DM und wurde durch weitere dreistellige Millionenbeträge des Bundes aufgestockt. Der Prozess gegen Grünenthal-Verantwortliche, der 1968 begann, endete im April 1970 ohne Urteil, eine individuelle Schuld der Angeklagten sei nicht nachweisbar. Seit 1997 trägt der Staat die Kosten allein.
Kontakt
Bundesverband Contergangeschädigter e. V.
Hilfswerk vorgeburtlich Geschädigter
Udo Herterich (Vorsitzender)
Maternusstraße 9 | 50996 Köln
Mobil: 0152 - 34 34 25 04
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Weitere Informationen
Online-Symposium „Zeichen setzen“ am 27. November 2021
Die Kurstermine der Firma PARADICTA für Spracherkennung für Contergangeschädigte in diesem Jahr stehen fest:
30. März bis 3. April
Timmendorfer Strand
3. bis 7. Juli
Königswinter
8. bis 12. November
Timmendorfer Strand
11. bis 15. Dezember
Köln
Weitere Termine folgen
Verbindliche Anmeldungen an
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Die Autobörse - www.contergan-baden.de/autoborse
Mobilität - ist für uns ein sehr wichtiges Gut. So weit wie möglich selbstständig von A nach B kommen, Veranstaltungen, Freunde, Familie besuchen, einkaufen ...
Deshalb haben wir das Projekt „Autobörse“ initiiert. Hier können sich meist contergangeschädigte Menschen, die spezielle, oft sehr teure Umbauten in ihren Fahrzeugen benötigen, wie z.B. eine Fußlenkung, nach gebrauchten Fahrzeugen umschauen.
Auf der anderen Seite ist es möglich so gebrauchte, teuer umgebaute Fahrzeuge, einer sinnvollen Weiternutzung zuzuführen. Auch mit älteren Fahrzeugen sind so längere Wartezeiten bei einer größeren Reparatur oder nach einem Unfall zu überbrücken.
Hier finden sich Käufer*Innen und Verkäufer*Innen von gebrauchten Fahrzeugen mit behinderungsbedingten Spezialumbauten.
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In eigener Sache: Diese Seite wird ehrenamtlich gepflegt und ist NICHT immer hochaktuell. Das bedeutet aber nicht, dass hier nichts geht. Meist sind die angebotenen Fahrzeuge schneller weg als hier eingestellt. Das liegt daran, dass sich Kaufinteressenten per Mail melden und die Angebote direkt weitergeleitet bekommen. Also: Bei Bedarf einfach eine Mail senden, auch wenn hier kein passendes Angebot zu finden ist!
Weitere Infos im Bereich "Links" auf der linken Seite hier auf der Homepage.
Die Grünenthal-Stiftung stellt in ihrem Neujahrsanschreiben an alle Betroffenen ihre Unterstützungsangebote vor und erläutert, was sich im Vergleich zum Vorjahr geändert hat. Die Unterstützung der Grünenthal-Stiftung konzentriert sich weiterhin auf die Finanzierung von spezifischen Bedarfen, auf die Unterstützung bei Aktivitäten außer Haus sowie die Nutzung der Sprachsteuerungssoftware Dragon. Bei den beiden erstgenannten Projekten ergeben sich für das neue Jahr Anpassungen. Alle Änderungen finden Sie im Neujahrsanschreiben der Grünenthal-Stiftung.
Heute startet Bundesministerin Lisa Paus die Videoreihe zum 50jährigen Bestehen der Conterganstiftung. Die Rede der Ministerin können Sie sich unter folgendem Link ansehen: http://www.bmfsfj.de/contergan
Der Teaser für die Videoreihe ist zu finden unter: https://de-de.facebook.com/bmfsfj/
Bis zum 4. November 2022 wird täglich ein weiteres Video folgen, das unter demselben Link abrufbar ist. Ihr Video wird wie folgt veröffentlicht:
Vorstand: 1. November 2022
Herr Stürmer: 2. November 2022
Herterichs: 3. November 2022
Prof. Schmitt: 4. November 2022
Aufgrund aufgekommener Gerüchte über den Besitz von Patientenakten von Herrn Prof. Marquardt hatte die Conterganstiftung zunächst eine Prüfung des Stiftungsarchivs und des Archivs des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) vorgenommen. Hierbei wurden keine Patientenakten gefunden (siehe Meldung vom 14.10.2020).
Daran anschließend hat die Stiftung weitere umfangreiche Recherchen unternommen, um den möglichen Aufenthaltsort dieser Akten zu ermitteln. Hierzu wurden Anfragen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), in deren Zuständigkeit die Conterganstiftung bis zum Jahr 2010 fiel, an das Bundesarchiv sowie an den ehemaligen Vorsitzenden der Medizinischen Kommission, Herrn Rechtsanwalt Schucht gestellt. Die Recherchen führten zu dem Ergebnis, dass keine Patientenakten von Herrn Prof. Marquardt ausfindig gemacht werden konnten.
Im Zuge der Recherchen zeigte sich, dass sich zehn Aktenordner aus Herrn Prof. Marquardts Nachlass im Stiftungsarchiv befanden, die im Jahr 2015 durch das Archiv der Universität Heidelberg an die Conterganstiftung übergeben worden waren. Das Universitätsarchiv Heidelberg ging damals davon aus, dass es sich hierbei um Unterlagen handele, die im Zusammenhang mit Herrn Prof. Marquardts Gutachtertätigkeit für die Medizinische Kommission der Conterganstiftung stünden. Eine erneute inhaltliche Prüfung hat jedoch ergeben, dass der Inhalt der Akten zu einem großen Teil privater Natur ist und darüber hinaus mit der universitären Lehre von Herrn Prof. Marquardt in Verbindung zu bringen ist. So befinden sich hierunter auch zahlreiche Dia-Aufnahmen von Personen mit Conterganschädigung.
Da die Unterlagen in keinem Zusammenhang mit dem Stiftungszweck stehen, wurden sie am 25.03.2022 dem Archiv der Universität Heidelberg zurückgegeben. Aufgrund der Beschränkungen durch COVID-19 war eine persönliche Übergabe zu keinem früheren Zeitpunkt möglich. Der Datenschutzbeauftragte der Conterganstiftung war zu jeder Zeit an diesem Vorgang beteiligt.
Die Conterganstiftung konnte darüber hinaus in Erfahrung bringen, dass sich ein weiterer größerer Aktenbestand aus dem Nachlass von Herrn Prof. Marquardt im Archiv der Universität Heidelberg befindet. Dieser steht inhaltlich nicht im Zusammenhang mit dessen Tätigkeit als Gutachter der Medizinischen Kommission der Conterganstiftung. Ob es sich hierbei gegebenenfalls um die Patientenakten handeln könnte, vermag die Conterganstiftung nicht zu beurteilen. Anträge auf Akteneinsicht können Sie bei Bedarf aber beim Archiv der Universität Heidelberg stellen.
Die Meldung finden Sie auch auf der Webseite der Conterganstiftung Webseite:https://contergan-infoportal.de/aktuelles/akten-aus-dem-nachlass-von-herrn-prof-marquardt/